Nicht immer UV induziert
von Dr. Jan Kuntz & Team // 30. Januar 2025
Das Plattenepithelkarzinom (kurz PEK, englisch Squamous Cell Carcinoma, SCC) ist der zweithäufigste Hautkrebs beim Pferd, nach dem equinen Sarkoid. Plattenepithelkarzinome sind Tumoren, die von den Zellen der oberen Hautschichten ausgehen. Dieses Plattenepithel bildet die Deckschicht sowohl der Haut als auch der Schleimhäute. Als äußere Schicht ist es auch besonderen Umwelteinflüssen ausgesetzt, so dass in diesen Epithelien Keratinozyten entarten und bösartige Tumoren bilden können. Vorstufen dieser Tumoren sind häufig kleine, eher unscheinbare Veränderungen, die auch als Plaques oder aktinische Keratosen bezeichnet werden. Eine solche präkanzeröse Veränderung kann sich zu einem PEK entwickeln, das von einer nicht heilenden Wunde bis zu einer massiven Geschwulst reichen kann.
Verdächtig für ein PEK sind Veränderungen vor allem an den typischen Hautstellen: Augenlider, unpigmentierte Stellen an Nase, Nüstern und Lippe des Pferdes sowie am Analkegel und an den Genitalien. Besonders wichtig ist eine regelmäßige Kontrolle bei prädisponierten Rassen, Pferden mit homozygotem Gendefekt und hellhäutigen Tieren. Vorsicht ist auch bei Pferden geboten, bei denen bereits ein PEK aufgetreten ist. Klinisch zeigen sich zunächst nur unspezifische Veränderungen wie schlecht heilende Wunden und offene, schuppige oder verkrustete Stellen. Der sichere Nachweis erfolgt durch eine Biopsie, eine Probe, die der Pathologe mikroskopisch auf Bösartigkeit untersuchen kann.
Plattenepithelkarzinome sind die häufigsten Tumoren des Pferdeauges. Sie gehen von den Lidern, der Bindehaut oder dem dritten Augenlid aus. Besonders in diesen hellen, unpigmentierten Bereichen ist ultraviolette Strahlung ein Risikofaktor. Sind die Tumoren noch klein und nicht entzündet, beeinträchtigen sie das Pferd in der Regel nicht. Da sie jedoch oft schnell und invasiv wachsen, verschlechtert ein Zuwarten die Prognose. Okuläre PEKs können metastasieren, in vielen Fällen ist jedoch der Primärtumor das Problem.
Die unpigmentierten Areale des Pferdekopfes sind häufiger von Plattenepithelkarzinomen betroffen, die zum Teil rasch wachsen. Sie wuchern häufig und zeigen eine entzündliche, eitrige und oft übelriechende Oberfläche. Der sichtbare Bereich ist oft nur ein kleiner Teil und die Veränderung kann bis weit in die Tiefe ertastet werden.
Ähnliche Veränderungen können auch um den Analkegel und im Anogenitalbereich auftreten. Auch hier ist der äußerlich sichtbare Anteil oft klein.
Plattenepithelkarzinome können beim Pferd an einer Vielzahl anderer Lokalisationen auftreten und haben dann sehr unterschiedliche Prognosen. Während Tumoren des Gastrointestinaltraktes meist erst sehr spät entdeckt werden und dann oft nicht mehr behandelbar sind, haben Plattenepithelkarzinome der Maulhöhle eine bessere Prognose. Plattenepithelkarzinome können auch in den Nasenhöhlen auftreten und dann die Atmung erheblich behindern.
Häufiger sind Plattenepithelkarzinome am Schlauch. Hier können sie im gesamten Bereich von der Penisspitze bis weit in die Schlauchtasche hinein auftreten und in manchen Fällen das Ausschachten vollständig verhindern. Eine gelegentliche Kontrolle der Genitalien sollte durchgeführt werden, um frühzeitig reagieren zu können.
Während das Plattenepithelkarzinom des Pferdes in vielen Fällen erst spät metastasiert, steht häufig die lokale Tumorkontrolle im Vordergrund. Kommt es zur Metastasierung, so ist diese meist lymphogen, d.h. die Metastasen finden sich zunächst in den regionären Lymphknoten. Eine Fernmetastasierung ist dennoch möglich und somit sind auch Metastasen in der Lunge nicht ausgeschlossen.
Das Plattenepithelkarzinom ist eine Form von Hautkrebs, die vor allem bei Pferden bestimmter Rassen auftritt. Dazu gehören Appaloosa, Paint und Quarter Horses. Außerdem sind einige Haflinger aufgrund ihrer Genetik besonders anfällig für okuläre Plattenepithelkarzinome. Auch Pferde mit heller Haut und solche, die viel Zeit in der Sonne verbringen, haben ein erhöhtes Risiko, an dieser Krebsart zu erkranken. Es ist wichtig, dass die Besitzer dieser Pferderassen besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen, um ihre Tiere vor der Sonne zu schützen, zum Beispiel indem sie für ausreichend Schatten sorgen und spezielle Sonnenschutzmittel für Pferde verwenden. Durch diese Maßnahmen können sie das Risiko, dass ihr Pferd an Hautkrebs erkrankt, zumindest verringern.
Der erste Schritt bei der Entstehung von Tumoren ist immer die Mutation einzelner Zellen. Wie so oft bei Tumoren spielen auch bei Plattenepithelkarzinomen Kanzerogene eine wichtige Rolle. Kanzerogene sind Stoffe und Einflüsse, die die Mutation von Zellen und damit die Tumorentstehung begünstigen. Wie beim Menschen spielt auch beim equinen PEK UV-Strahlung eine wichtige Rolle. Zusätzlich sind Smegma, vor allem beim Wallach, und chronische Entzündungen tumorfördernde Einflüsse.
Beim okulären PEK spielt die genetische Komponente bei der Entstehung die größte Rolle. So sind bei Pferden mit homozygoter Genmutation häufig mehrere Lokalisationen unabhängig voneinander betroffen, während Artgenossen aus der gleichen Herde keine Veränderungen aufweisen. Die entscheidende Rolle spielt dabei ein Protein, das nach einer Schädigung der DNA für deren Reparatur zuständig ist. Mutationen des DNA damage-binding Protein 2, kurz DDB2, können seit einigen Jahren getestet werden. Dies ist für das einzelne Tier weniger relevant, kann aber eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Zucht sein.
Weitere Risikofaktoren sind allgemeine Entzündungsprozesse, zum Beispiel bei vermehrter Smegma-Produktion und entzündlichem Milieu in der Schlauchtasche. Plattenepithelkarzinome am Schlauch treten bei Wallachen deutlich häufiger auf als bei Hengsten.
Ein wirksamer Sonnenschutz ist die beste und einfachste Maßnahme, um dem Risiko UV-induzierter Tumoren bei Pferden vorzubeugen. Wie beim Menschen bedeutet dies, dass Pferde jederzeit Schatten aufsuchen können und an Hochsommertagen nicht in der Mittagssonne stehen sollten. Insbesondere bei Pferden mit entsprechender Veranlagung kann zeitweise auch eine Fliegenmaske mit geeignetem UV-Schutz eingesetzt werden. Bei sehr empfindlichen Pferden kann auch Sonnencreme oder Nachtweide eine Möglichkeit sein. Tumoren am Schlauch kann bis zu einem gewissen Grad durch verbesserte Hygiene vorgebeugt werden.
Auch wenn Vorbeugung der beste Schutz ist, verbessert die frühzeitige Abklärung auffälliger Veränderungen die Prognose, falls es doch zu einem PEK kommt. Der Tierarzt sollte hier der erste Ansprechpartner sein. Aktinische Keratosen, also chronisch veränderte Stellen mit Krusten und Schuppen, sollten ebenfalls tierärztlich abgeklärt werden.
Um ein Plattenepithelkarzinom zu behandeln, lassen sich die drei klassischen Säulen der Tumortherapie anwenden.
Da der Tumor in der Regel sehr früh diagnostiziert wird, sind Metastasen zu diesem Zeitpunkt selten. Die Chirurgie ist daher oft die erste Therapieoption. Die Herausforderung besteht darin, den Tumor vollständig und mit einem Sicherheitssaum von 2-3 cm im Gesunden zu entfernen, ohne dabei wichtige Nachbarstrukturen zu schädigen. Gerade am Auge kann dies sehr schwierig sein und der Tumor kann oft nur mit einem marginalen Saum entfernt werden. Die Folge ist ein Wiederauftreten des ursprünglichen Tumors: ein Rezidiv. Abhilfe schafft dann die weiträumige Entfernung von Tumor und Auge, die so genannte Enukleation.
Auch bei Tumoren am Schlauch ist im fortgeschrittenen Stadium eine Amputation mit Verlagerung des Harnröhrenausgangs möglich. Dies ist zwar ein invasiver Eingriff, mit dem die Patienten aber in der Regel gut zurechtkommen.
Das Plattenepithelkarzinom des Pferdes ist ein sehr strahlensensibler Tumor. Daher stellt die Bestrahlung in vielen Fällen eine hervorragende Option zur Behandlung von Plattenepithelkarzinomen dar. Sie kann sowohl nach einer operativen Entfernung als adjuvante Strahlentherapie als auch als alleinige Therapie eingesetzt werden. Dabei wird der Tumor in bis zu zehn Sitzungen mit ionisierender Strahlung behandelt (mehr zum Ablauf der Strahlentherapie beim Pferd). Der Vorteil ist, dass die Tumoren auch an schwierigen Stellen behandelt werden können und mittelfristig das Rezidivrisiko dennoch gering ist.
Beim Pferd erfolgt die Chemotherapie in der Regel lokal, die Medikamente werden also auf, in oder unter den Tumor appliziert. Durch den Einsatz von zytostatisch oder zytotoxisch wirkenden Medikamenten kann in einigen Fällen das Tumorwachstum beeinflusst werden.
Bei sehr oberflächlichen Tumoren und Tumorvorstufen kann eine lokale Behandlung mit Salben angezeigt sein. Diese sollte nur nach tierärztlichem Rat, unter entsprechender Kontrolle und nicht in Eigenregie durchgeführt werden. Je nach Lokalisation und Größe des Tumors kommt auch eine photodynamische Therapie in Frage, bei der die Tumorzellen zunächst durch eine Salbe lichtempfindlich gemacht und anschließend durch sichtbares Licht geschädigt werden.
Die Prognose bei der Behandlung von Plattenepithelkarzinomen kann von gut bis überaus vorsichtig reichen. Dies hängt vor allem von der Größe und Lokalisation des Tumors ab und davon, ob er bereits Metastasen gebildet hat. Weitere prognostische Faktoren sind zum Beispiel die Anzahl der erfolglosen Therapieversuche und die Malignität, also die Bösartigkeit des Tumors. Die klinische Beurteilung sollte einer gründlichen Aufarbeitung nicht im Wege stehen.