Häufister Tumor bei Hunden
von Dr. Alena Soukup & Team // 24. Januar 2025
Mastzelltumoren sind die häufigsten Tumoren beim Hund. Sie treten hauptsächlich in der Haut oder Unterhaut auf, können aber auch inneren Organen wie dem Verdauungstrakt vorkommen oder in diese metastasieren. Wie der Name schon sagt, gehen diese Tumoren von Mastzellen aus.
Mastzelltumoren der Haut stellen sich als knotige Veränderungen dar. Natürlich ist nicht jeder Knoten in oder unter der Haut ein Mastzelltumor, aber er sollte ernst genommen werden. Stellt man beim Streicheln oder Bürsten des Hundes eine Verdickung, einen Knoten oder etwas Verdächtiges fest, sollte der Haustierarzt Klarheit schaffen. Manche Tumoren fallen erst dem Tierarzt auf, wenn er den Hund bei einer Routineuntersuchung oder einer Impfung abtastet.
Ob es sich bei einem Knoten um eine harmlose Fettgeschwulst oder um einen Mastzelltumor handelt, kann man durch reines Abtasten nie sicher sagen. Bei einer sorgfältigen Aufarbeitung wird das Tier zunächst einer allgemeinen Untersuchung unterzogen, bei der unter anderem auch Lymphknoten abgetastet und auf Verdickungen und Asymmetrie überprüft werden. Außerdem wird nach weiteren Knoten oder auffälligkeiten gesucht. Anschließend wird eine Feinnadelaspiration (FNA) durchgeführt: Eine feine Kanüle wird in den Tumor gestochen und mehrmals hin und her bewegt, um einige Zellen zu entnehmen, welche auf einem Objektträger ausgestrichen werden. Unter dem Mikroskop sieht man nach einer Färbung, um welche Zellen es sich handelt und ob sich Mastzellen oder zum Beispiel nur Fettzellen in der Probe befinden. Bei positiver FNA, also beim Nachweis von Mastzellen in der Probe, kann eine Biopsie sinnvoll sein. Dazu wird eine Gewebeprobe aus dem Tumor entnommen, die im Labor untersucht wird um die Aggressivität und weitere Merkmale des Tumors zu bestimmen.
Häufig wird berichtet, dass sich die Größe eines Knotens mehrfach sehr schnell änderte. An einem Tag war es eine deutliche, auffällige Verdickung, die dann scheinbar komplett verschwunden ist. Diese Veränderungen sind typisch für Mastzelltumoren und entstehen durch die Botenstoffe, die aus den Tumorzellen freigesetzt werden. Die Hauptrolle spielt dabei das Histamin aus den Granula der Zellen.
Manchmal sind diese Stellen haarlos, gerötet, und zeigen Entzündungszeichen, besonders nach Manipulation. Diese Symptome werden als Darier-Zeichen zusammengefasst. Ganz besondere Vorsicht ist bei offenen, ulzerierten Mastzelltumoren geboten!
Bei jeder neu ertasteten Umfangsvermehrung sollte möglichst frühzeitig eine Diagnostik erfolgen. Um zwischen einem gutartigen Tumor wie einem Lipom und einem bösartigen Mastzelltumor zu unterscheiden, kann eine Feinnadelaspiration (FNA) durchgeführt werden. Diese Untersuchung ist schnell, einfach, fast schmerzlos und ein Mastzelltumor kann dadurch sehr zuverlässig diagnostiziert werden.
Mastzellen sind wichtige Zellen des Immunsystems, die überall im Körper und in fast allen Geweben gesunder Tiere vorkommen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Abwehrreaktionen zu ermöglichen, aber sie spielen auch eine bedeutende Rolle bei allergischen Reaktionen. Entartete Mastzellen haben die Fähigkeit, Tumoren zu bilden. Die Mastzelle wurde so benannt, weil sie unter dem Mikroskop wie gemästet aussieht. Sie enthält Granula, kleine Bläschen, in denen Botenstoffe wie Histamin und Heparin gespeichert sind. Entleeren sich diese Granula, kommt es im umliegenden Gewebe zu Entzündungsreaktionen mit Schwellung, Rötung und Schmerz. Da diese Reaktion innerhalb kürzester Zeit abläuft, spricht man von einer Sofortreaktion.
Die Mastzelltumoren des Hundes repräsentieren eine breite Gruppe an Tumoren, die unterschiedliche Aggressivität zeigen. Unbehandelt können sie ihre Aggressivität steigern. Grundsätzlich teilen wir Tumoren in unterschiedliche Gruppen, sogenannte Grade ein. Je nach System wird nur zwischen Low-Grade und High-Grade (Kiupel) oder Grad 1, Grad 2 und Grad 3 (Patnaik) unterschieden. Mastzelltumoren ersten Grades sind wenig aggressive Tumoren, das heißt sie infiltrieren das umliegende Gewebe nur geringgradig und bilden selten Metastasen. Im Gegensatz dazu ist ein Mastzelltumor dritten Grades hoch aggressiv, infiltriert das umliegende Gewebe und bildet in 50%-90% der Fälle Metastasen. Für die Prognose und die Auswahl der richtigen Therapie ist es wichtig, dass der Grad des Tumors bekannt ist. Viele Pathologen verwenden beide Systeme parallel und geben die Grade sowohl nach Kiupel als auch nach Patnaik an.
Das Grading kann anhand einer Biopsie oder im eingesandten Tumormaterial erfolgen. Außerdem kann der Tierarzt bei Bedarf eine genauere Differenzierung nachfordern. Bei einer Spezialuntersuchung des Materials können unterschiedliche Mutationen nachgewiesen oder Zellteilungsmarker bestimmt werden.
Während das Grading die Aggressivität des Primärtumors beschreibt wird beim Staging eine Metastasensuche durchgeführt. Hierbei wird zum Beispiel eine Feinnadelaspiration der regionäre Lymphknoten vorgenommen. Zusätzlich sollte auch immer eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums mit Punktion von Leber und Milz durchgeführt werden.
Die Behandlung des Mastzelltumors hängt von der Aggressivität und bereits vorhandenen Metastasen ab. Bei einem hoch aggressiven Tumor muss auch bei der Behandlung aggressiv vorgegangen werden. Eine großräumige Entfernung des Tumors erfolgt mit 2-3 cm Sicherheitssaum im gesunden Gewebe und ein bis zwei Faszien in die Tiefe. Bei einer Operation sollte das entfernte Tumormaterial immer für eine histopathologische Untersuchung eingesendet werden, selbst wenn vorher bereits eine FNA und eine Biopsie durchgeführt wurden. Der Nutzen dieser Untersuchung ist in der Regel viel höher als die Kosten.
Ob direkt eine Operation oder zunächst eine Biopsie durchgeführt wird hängt von der Lokalisation ab. Bei Tumoren an den Beinen kann oft nur eine marginale chirurgische Entfernung ohne Sicherheitssaum im umliegenden Gewebe durchgeführt werden, deshalb wird in vielen Fällen auf eine Biopsie verzichtet.
Bei einem Mastzelltumor im Bereich des Brustkorbes kann zuerst eine Biopsie für die bessere Operationsplanung entnommen werden. Je nach Grad bzw. Aggressivität wird anschließend operiert. Sollte eine großräumige Entfernung nicht möglich sein, kann die lokale Tumorkontrolle durch eine zusätzliche Strahlentherapie verbessert werden. Diese adjuvante Strahlentherapie wird vor allem im Bereich der Gliedmaßen angewendet, weil hier chirurgisch nur selten ein großer Sicherheitssaum möglich ist. Beim Verdacht auf Metastasen oder bei hohem Risiko der Metastasierung wird ein Chemotherapeutikum verabreicht. Falls der Tumor zum Zeitpunkt der Doagnosestellung bereits sehr groß ist oder eine weitreichende Metastasierung stattgefunden hat, ist die palliative Strahlentherapie kombiniert mit Chemotherapie die Therapie der Wahl.
Wird ein Mastzelltumor früh erkannt und optimal behandelt, ist die Prognose gut und die Lebenserwartung hoch. In vielen Fällen wird die Lebenserwartung durch den Tumor überhaupt nicht beeinflusst. Die mittlere Überlebenszeit bei einem Tumor mit geringer Aggressivität (Grad 1 und Grad 2, low-grade) beträgt 3-5 Jahre, wenn der Tumor mit ausreichendem Sicherheitsabstand entfernt werden konnte und ggf. weitere Behandlungsoptionen mit der Chirurgie kombiniert wurden. Ein Rezidiv tritt häufig auf, wenn der Tumor mit geringem Sicherheitssaum oder nicht vollständig entfernt werden konnte. Rezidive sind immer schwieriger zu behandeln und mit einer schlechteren Prognose verbunden. Bei der aggressiven Form des Mastzelltumors (Grad 3, high-grade) ist die Prognose vorsichtiger als bei den anderen Formen. Hat der Tumor noch keine Metastasen gebildet, ist die Prognose bei optimalem Einsatz aller drei Säulen der Tumortherapie ( Chirurgie, Strahlentherapie, Chemotherapie) noch günstig. Bereits vorhandene Metastasen sind ein prognostisch negativer Faktor. In einigen dieser Fälle muss leider von einer schlechten Prognose und einer Lebenserwartung von wenigen Wochen bis Monaten ausgegangen werden. Eine palliative Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie kann diese auf mehrere Monate bis zu einem Jahr verlängern.
Mastzelltumoren kommen vermehrt bei brachyzephalen Rassen wie Mops oder französischer Bulldogge vor. Diese Hunde können sogar gleichzeitig an mehreren Mastzelltumoren leiden oder im Laufe des Lebens mehrere Mastzelltumoren entwickeln. Allerdings sind diese Mastzelltumoren häufig Grad 1, also wenig aggressiv. Weitere prädisponierte Rassen sind zum Beispiel Labrador Retriever und Golden Retreiver, Weimaraner oder Vizsla.