Hund springt über einen Graben

Arthritis, Lahmheiten und Co.

Arthrose beim Hund: Bestrahlung lindert Symptome

von Dr. Jan Kuntz & Team // 18. Februar 2025

Bis ins hohe Alter mobil und eigenständig zu sein, das wünschen wir Tierhalter uns nicht nur für uns sondern auch für unsere Tiere. Wenn die Gelenke schmerzen wird die Gassirunde aber zunächst kürzer und irgendwann zur Qual. Hier kann die moderne Medizin mit einem umfangreichen, multimodalen Ansatz für eine unbeschwerte Zeit sorgen und Schmerzen lindern. Ein Puzzlestein ist dabei immer öfter die Strahlentherapie.

Eine hohe Lebensqualität ist in der Strahlenheilkunde seit jeher von zentraler Bedeutung. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die ersten Bestrahlungen beim Menschen bei sogenannten gutartigen Erkrankungen und gar nicht bei Krebs durchgeführt wurden.

Wodurch entstehen Schmerzen in Gelenken?

Ein Gelenk ist eigentlich beeindruckend gut gebaut, die Knochen bringen eine sehr hohe Stabilität, der Gelenkknorpel ist Puffer und Gleitfläche und dazwischen sorgt die Synovia (Gelenkflüssigkeit) für die richtige Schmierung. Das Ganze ist in einer Gelenkkapsel sicher verpackt, durch Bänder gut stabilisiert und extrem belastbar, wie uns unsere Hunde und Katzen oft zeigen.

Dieses System ist aber auch komplex und wenn ein Bereich nicht mehr optimal funktioniert, gerät das ganze Gelenk in ein Problem. Übermäßiger Verschleiß, Schmerzen und damit Schonhaltung, Fehlbelastung der anderen Gelenke und mehr Schmerz sind die Folge. Hier sprechen wir oft von Arthrose bei Hunden bzw. Osteoarthrose. Medizinisch ist der Begriff Arthritis bzw. Osteoarthritis eigentlich präziser. Allgemein versteht man unter Arthrose sowie Arthritis die Folgen einer degenerativen Gelenkerkrankung.  

Dass Gelenke mit dem Alter einen gewissen Verschleiß zeigen ist normal. Das Gelenk ist nicht mehr so beweglich, der Knorpel zeigt erste Ermüdungen und die Gelenkschmiere kann die entstehende Reibung nicht mehr kompensieren. Es kommt zu einer Reizung im Gelenk und einer Aktivierung von Entzündungszellen. Schmerzen sind das erste Symptom. Besitzer merken oft erst später, dass der Hund sich weniger bewegt und sich schwer tut, Treppen zu steigen. Es kommt zu einer sogenannten sterilen Entzündung, Entzündungsmediatoren werden ausgeschüttet, das Gelenk schwillt an und schmerzt noch stärker. Außerdem ist die Entzündung schädlich für den Knorpel, und die Schädigung im Gelenk schreitet schneller voran.

Bei unseren Hunden und Katzen handelt es sich aber oft nicht um einen normalen, altersbedingten Verschleiß. Wir sehen typische Rassen, die häufig schon jung Probleme mit den Gelenken haben. Oft sind Hunde nur wenige Jahre alt und haben schon mehrere Arthroskopien (Gelenkspiegelungen) hinter sich. Grund dafür sind angeborene Probleme. Oft steht eine Dysplasie im Vordergrund: Das Gelenk ist nicht richtig ausgebildet, die beiden Teile passen nicht optimal zusammen und es entsteht unweigerlich eine Fehlbelastung. Viele Hundebesitzer kennen vor allem die Ellbogen- und Hüftgelenksdysplasie. Bei großen und sehr großen Rassen kann es durch das schnelle Wachstum zu Problemen bei der Knorpelbildung und der Belastbarkeit kommen, die beim erwachsenen Hund nicht mehr ausgeglichen werden können.

Auch die Bewegung, die Ernährung und das Gewicht spielen eine Rolle. Bei schweren Rassen ist die Belastung der Gelenke natürlich ohnehin höher als bei sehr schmalen oder kleinen Rassen. Verstärkt wird die Problematik dann aber vor allem, wenn die Tiere zu dick, adipös oder in einigen Fällen einfach fettleibig sind. Gerade hier ist ein multimodales, gemeinsames Vorgehen wichtig um den Teufelskreis aus Schmerz, Lahmheit, und Abbau der Muskulatur entgegenzuwirken. 

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Das Management chronisch degenerativer Gelenkerkrankungen beim Hund beruht wesentlich auf drei Bausteinen:

  1. Schmerzmanagement
  2. Kontrollieren der Entzündung
  3. Erhalt der Beweglichkeit

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung ist immer, dass behebbare Probleme auch wirklich behoben werden. Eine Arthroskopie ist also in vielen Fällen ein wichtiger Schritt, da bei diesem Eingriff nicht nur der aktuelle Zustand beurteilt werden kann sondern auch Fragmente entfernt und Defekte im Knorpel geglättet werden können.

Was raus muss, muss raus!

Erst wenn für das Gelenk alles kurative getan ist macht eine langfristige Therapie der Schmerzen Sinn. Eine Schmerztherapie über einen längeren Zeitraum kann bei bestehender Problematik sogar kontraproduktiv sein: Ein Fragment stört im Gelenk, eine Schmerzmedikation führt zu mehr Bewegung und damit einem größeren Schaden, ohne dass der Besitzer es merkt! Ähnlich ist es bei der Gewichtskontrolle: Je weniger Übergewicht auf ein geschädigtes Gelenk drückt desto besser ist es. Unterstützend ist eine Physiotherapie bei einem Hund mit Arthrose fast immer sinnvoll.

Wie kann Strahlentherapie bei degenerativer Gelenkerkrankung und chronischen Schmerzen helfen?

Für die Bestrahlung von schmerzhaften, degenerierten Gelenken werden relativ niedrige Dosen ionisierender Strahlung angewendet. Eine onkologische Behandlung liegt im Vergleich etwa bei der zehnfachen Gesamtdosis. Die Strahlentherapie mit niedriger Dosis hat bei Arthritis gleich mehrere Ansatzpunkte, die sich positiv auf die behandelten Gelenke auswirken. Einerseits ist die Dosis ausreichend hoch um die Entzündungszellen zu beeinflussen. Die Entzündung im Gelenk und damit auch die Botenstoffe, sogenannte Entzündungsmediatoren, die Schmerzen und Schwellung auslösen werden gehemmt. Diese antiinflamatorische Wirkung der Strahlentherapie steht im Vordergrund und ergänzt sich hervorragend mit modernen spezifischen Medikationen, die in den letzten Jahren die Therapieoptionen erweitert haben.

Eine Therapie ist KEINE Therapie!

Es gibt nicht die eine perfekte Lösung, mit der eine chronische Gelenkerkrankung in den Griff zu bekommen ist. Es ist immer eine Kombination aus einem optimalen Management, Schmerzmedikamenten und einer zielgerichteter Therapie wie Strahlentherapie oder Chirurgie. Oft sind mehrere Tierärzte in die Behandlung involviert. Dieses multimodale Vorgehen kann aus folgenden Komponenten bestehen, die selbstverständlich ineinander greifen:

Heilung ausgeschlossen – Na und?

Die Osteoarthrose beim Hund ist nicht heilbar. Ein zerstörtes Gelenk, ein abgenutzter Knorpel kann nicht mehr besser werden. Dennoch kann man das Fortschreiten verlangsamen, die Schmerzen kontrollieren und dadurch die Lebensqualität hoch halten. Die Hunde können aktiv am Leben teilhaben. Natürlich sollte dennoch eine Überlastung vermieden werden.

Kein Hund sollte unnötige Schmerzen aushalten müssen!

Moderne Tiermedizin hat heute einen beeindruckenden Werkzeugkasten zum Schmerzmanagement zur Verfügung und beispielsweise das Repertoire nützlicher Pharmaka wächst stetig weiter. Neben den Medikamenten, die speziell für Tiere hergestellt werden stehen Tierärzten in engen Grenzen auch viele Humanarzneimittel zur Verfügung, die glücklicherweise umgewidmet werden können.

 

Wie läuft eine Schmerzbestrahlung ab?

Der grundsätzliche Ablauf der Schmerzbestrahlung gleicht der Behandlung onkologischer Erkrankungen. Auch bei der Schmerzbestrahlung ist eine kurze Narkose für den stressfreien und sicheren Ablauf erforderlich. Da die Dosis gering ist, kann die Behandlung sehr schnell ablaufen. Die Strahlentherapie selbst ist weder schmerzhaft noch belastend für das Tier, die Narkose daher oberflächlich und kurz.

Die Bestrahlung bei gutartigen Erkrankungen wird auch fraktioniert, also in mehreren Sitzungen durchgeführt. Ein Bestrahlungszyklus besteht bei Osteoarthritis aus drei aufeinanderfolgenden Terminen, in denen jeweils das betroffene Gelenk bestrahlt wird. Nicht selten wird das Gelenk der kontralateralen Gliedmaße ebenfalls mitbestrahlt, dies verlängert das gesamte Procedere nur um wenige Minuten, die zusätzlichen Kosten sind nicht wesentlich.

Bis die volle Wirkung der Bestrahlung eintritt kann einige Zeit vergehen. Normalerweise beurteilen wir den Verlauf der Patienten mindestens einmal nach drei Wochen bei einer telefonischen Nachkontrolle. Die weitere Betreuung hängt vom einzelnen Fall ab. Auf jeden Fall sollten alle behandelnden Ärzte und Therapeuten immer auf dem gleichen Stand sein. Wir senden daher gerne unsere Patientenberichte sowohl an Ihren Haustierarzt oder überweisenden Tierarzt als auch an Ihre Physiotherapeuten. Wir ziehen an einem Strang für die beste Versorgung Ihres Schützlings!

Kann die Therapie wiederholt werden?

Die Therapie kann mehrfach wiederholt werden. Häufig kommt es nach 9-15 Monaten zu einer weiteren Serie, wenn die Wirkung der Schmerzreduktion nachlässt oder die Degeneration des Gelenks vorangeschritten ist. Bei initialen Non-Respondern kann aber auch 6-12 Wochen nach der ersten Serie eine zweite Serie durchgeführt werden. Dieses Vorgehen besprechen wir gerne individuell mit den Tierhaltern.

Gibt es Nebenwirkungen?

Die Nebenwirkungen der niedrigdosierten Schmerzbestrahlung sind sehr selten und gering. Sie sind nicht mit der onkologischen Bestrahlung mit definitiven Protokollen vergleichbar. Die meisten Tiere zeigen gar keine Nebenwirkungen. Einige Hunderassen und Kreuzungen, zum Beispiel mit Pudeln zeigen aber gelegentlich einen auffälligen Haarausfall im bestrahlten Gebiet.

Equinox

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